Ab heute startet Hingesehen eine neue Post-Reihe, den „Selbstversuch im Nachmittagsfernsehen“. In jedem Beitrag dieser neuen Serie rezensieren wir eine Sendung aus dem "Nachmittagsfernsehen", worunter zum Großteil Sendungen der Privaten gemeint sind. Wir sind uns nicht zu schade für unsere Leser Talkshows, Gerichtssendungen und weitere Formate zu ertragen. Wir wollen uns opfern, um über das wahre Niveau des Fernsehnachmittags aufzuklären. Die Qualitätsdebatte über das deutsche Fernseheprogramm ist ja nicht zuletzt dank Marcel Reich-Ranitzki wieder voll im Gange.
Heute hatte ich das Vergnügen mir eine Folge von „Britt“ um 13 Uhr auf Sat.1 anzugucken. Ehrlich gesagt hätte ich echt nicht gedacht, dass es so schlimm ist. Das Thema der Sendung lautete „Schockierender Bericht: Heute erfährst du, was wirklich passiert ist!“. Hörte sich ziemlich viel versprechend an. Schon das Intro, in dem Britt in einem rosa Kleid durch die Gegend tanzte, war ein absolutes Highlight. In der Sendung wurden dann vier Fälle zu dem Thema vorgestellt. Auf Interessierte wartet am Ende dieses Artikels übrigens noch ein ganz besonderer Hinweis!
1. Den Anfang machten Marcel (22), Leiharbeiter aus Bochum, und seine schwangere Freundin Esra, eine 17-jährige Schülerin, die ebenfalls aus Bochum kommt. Die beiden sind seit elf Monaten zusammen, nur leider hat Marcel einmal in einer Diskothek zu viel getrunken und da ist es dann passiert: Eine hat ihm „an die Glocken und so was gegriffen“. Dann ist er mit zu ihr gegangen und dort hat es dann „geschippert“. Leider ist seine Freundin Esra im siebten Monat schwanger. Laut Marcel waren aber der Alkohol und das Mädchen, was ihn „genötigt“ hat, schuld am Seitensprung. Heute möchte er ihr nun alles erzählen, bisher hatte er sich noch nicht getraut. Dafür begibt er sich auf den „Beichtstuhl“. Dort kommt dann die Wahrheit ans Licht. Aber Gott sei dank hat er ein Kondom benutzt, was er übrigens IMMER macht. Frage: Wieso ist dann seine Freundin schwanger? Naja, letztendlich gewinnt er sie mit einem unglaublich schlechtem Lied zurück und sie vergibt ihm.
2. Nun folgt die hochschwangere (schon wieder!) Brigitte, 22 Jahre, aus Brühl. Sie hat „ziemlich Stress“ mit ihrem Ex-Freund Patrick. Sie hat beim Herumschnüffeln in seinen Mails Liebesbekundungen für eine Andere gefunden. Patrick beteuert aber, dass er nur zwei, drei Tage in Nicole (Freundin von Brigitte), verliebt gewesen wäre. Die wahren Gefühle kann jedoch nur der Lügendetektor („Trommelwirbel“) bringen. Die beiden haben übrigens schon ein Kind. Das heißt (ohne Witz!) Angelina Jolie. Da kann man das Kind nur bedauern. Der Lügentest bringt dann zu Tage, dass Patrick die Mutter seiner Kinder nicht mehr „aus vollem Herzen liebt“. Den Kindern zur Liebe wollen sie ihre Beziehung aber von Null neu aufbauen.
3. Marcel, 21 Jahre, hat ernsthafte Zweifel, ob seine zwei (!) Kinder wirklich von ihm sind. Die Namen seiner Kinder Franz-Leon und Basty sind übrigens auch sehr schön, zwar nicht so einfallsreich wie Angelina Jolie, aber trotzdem sehr wohl klingend. Seine Zweifel begründet er übrigens einmal damit, dass er „das mal so gehört hat“ und dass seine Freundin Sandra im Streit gesagt hätte, wer wisse, ob es seine Kinder seien. Die Mutter der Kinder, mit einer sehr modischen Jeans-Jacke mit Fellkragen bekleidet, weist natürlich diese Unterstellungen von sich. Die Famille von Marcel hat zudem sofort bei der Geburt Berechnungen durchgeführt, mit dem Resultat, dass die Kinder ja gar nicht von Marcel sein können. Die Auflösung kann nur ein Vaterschaftstest, gesponsert von Britt, bringen. Dieser beweist, dass beide Kinder doch von Marcel sind. Auf Britts Tipp, dass Jugendamt einzuschalten, antworte Marcel nur: „Ist schon!“. In diesem Sinne alles Gute den beiden.
4. Der absolute Höhepunkt der Sendung ist der letzte Fall. Kevin hat Stress mit Dina. Die war früher mal ein Mann, hat sich aber per Operation in eine Frau verwandeln lassen. Der gebürtige Engländer fühlte sich nach Dinas Geschlechtsumwandlung „sehr von ihr angezogen“. Mit ihr hatte er auch das erste Mal Sex. Kevin möchte nun gerne eine „Kollegschaft“ mit Dina aufbauen, was auch immer das sein soll. Jetzt schaltet sich Niko ein, der gemeinsame Freund. Den habe ich leider nicht verstanden, weil er einfach total unverständlich und mit gebrochener Grammatik geredet hat. Nun kommt der große Auftritt von Dina, die übrigens die Stimme eines 50-jährigen Alkoholikers hat und nicht gerade als Schönheit durchgeht (s. Bild). Kevin rastet jetzt völlig aus. Obwohl er Dina einen Dildo bestellt hat, will sie einfach nichts mit ihm zu tun haben. Seine, äh, ihre Erklärung folgt sogleich: Sie hat sich entschieden, jetzt lesbisch zu sein. Am Ende vertragen sich dann doch wieder alle und wollen Freunde bleiben. Es fließen reichlich Tränen. Auch ich musste mich stark konzentrieren, nicht in Tränen auszubrechen...
Fazit: Diese Stunde am Nachmittag war definitiv verlorene Zeit. Das Niveau dieser Sendung war unglaublich tief. Ich kann wirklich nicht verstehen, wie man sich so was freiwillig angucken kann.
Besonderes: Zu jeder Sendung gehört ja mittlerweile ein Gewinnspiel. Auch bei Britt gab es dicke Preise, die man absahnen konnte. Eine unglaublich tolle Waschmaschine wartet auf den Glücklichen der Leitung Eins getroffen hat.
Für alle, die dieser Post Lust auf mehr gemacht hat: Britt sucht Praktikanten!
Donnerstag, 30. Oktober 2008
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1 Kommentar:
Schöner Artikel, der mich darin bekräftigt, dass es sicherlich nicht falsch ist den Fernseher für längere Zeit ruhen zu lassen.
Man konnte die Texte gut lesen, eine Priese Ironie durfte natürlich nicht fehlen.
Als Ratschlag für eure zukünftige Reihe bleibt mir nur noch zu sagen, dass es wünschenswert wäre, wenn ihr es schafft viele, verschiedene Nachmittagssendungen vorzustellen.
Ich würde mir z.B. Niedrig und Kunt wünschen. Da sieht man noch wie das wahre Leben abläuft. Die Schauspielerelite Deutschlands scheint sich dort zusammengefunden zu haben.
Bleibt mir nur noch zu sagen: weiter so.
Bin gespannt auf die nächsten Artikel aus dieser Rubrik.
Gruß
Siggi
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