Mittwoch, 17. Dezember 2008

Endstation für die Deutsche Bahn?

Erst vor wenigen Tagen verkündete das Bundesverfassungsgericht, dass die weitgehende Abschaffung der Pendlerpauschale rechtswidrig ist. In der öffentlichen Wahrnehmung wurde das Urteil als "Weihnachtsgeschenk" für die Vielfahrer gewertet. Zum letzten Wochenende erreichte nun zudem die teilweise Privatisierung des Schienenverkehrs Nordrhein-Westfalen. Davon betroffen ist insbesondere der Nahverkehr. Ist die Lossagung von der Deutschen Bahn ein zweites vorweihnachtliches Geschenk?

Warum gibt es nun neue Züge?

Die "Revolution auf dem Gleis" kommt im Zuge der Teilkapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG. Diese sieht vor, dass das Unternehmen zu etwa 25 Prozent an die Börse gebracht wird und somit den Einstieg privater Investoren ermöglicht. Schon vorher konnten sich einige Konkurrenzunternehmen allerdings durch den Erwerb der Nutzungsrechte von stillgelegten Strecken im deutschen Markt positionieren. Es ist jedoch gesetzlich geregelt, dass der Bund nach Artikel 87e, Abs. 3, Satz 3 des Grundgesetzes mindestens 50,1 % der DB besitzen muss, um somit Mehrheitseigentümer der Schieneninfrastruktur zu bleiben.

Für Unternehmen wie "Eurobahn" bietet sich dadurch die Möglichkeit, neue Trends im Zugverkehr zu setzen. Als Verbindungselement zwischen den (Fach-)Hochschulstandorten Dortmund, Hamm, Soest, Lippstadt, Paderborn und Warburg ist bereits ein "Hochschulexpress" in Planung. Für die Nutzer des Nahverkehrs könnten so durch den beginnenden Wettbewerb durchaus interessante neue Angebote entstehen.

Erste Erfahrungen mit den "Neuen"

Wir haben die in Westfalen neu eingesetzten
Züge der Firma "Eurobahn", einer Tochtergesellschaft der französischen Keolis-Gruppe, bereits getestet. Das Ergebnis: Der erste Eindruck ist überwiegend gut. Da die Bahn in Deutschland traditionell kritisch gesehen wird, tritt man allem Neuen zunächst einmal offen gegenüber. Erste Pluspunkte sammelt das neue Unternehmen durch ein gepflegtes Äußeres. Die Farbgebung unterscheidet sich vom Bekannten, wirkt modern, aber nicht zu verspielt. Ebenso wie die Fahrzeuge sind auch die Sitzplätze und Sanitäranlagen wesentlich sauberer als die der DB. Die Sitze sehen zusätzlich etwas mehr Platz für den Passagier vor und sind bequemer. Was von diesen Punkten nach einigen Jahren Einsatz noch zutrifft und was nicht, bleibt freilich abzuwarten. Unangenehm ist dagegen ohne Frage das extrem Laute Warngeräusch vor Schließen der Türen.

Internationale Vergleiche


In anderen Ländern wurden die Rechte zur Nutzung der Schienennetze sogar komplett an private Unternehmen abgetreten. Ein Positivbeispiel hierfür ist die Japan Railway im Fernen Osten. Nur mäßigen Erfolg hat das System hingegen in Großbritannien, wo es seit 1945 existiert: Tiefgreifende Streckenschließungen und diverse Inhaber aufgrund von Firmenbankrotts kennzeichnen die Entwicklung.

In Neuseeland wurde der Schienenverkehr Anfang der 90er-Jahre privatisiert. Nach großer öffentlicher Kritik am neuen Eigentümer erfolgte jedoch bereits nach knapp einem Jahrzehnt die Rückverstaatlichung. Die Privatisierung ist in diesem Fall zu einem immensen Verlustgeschäft für den Staat geworden, was den ehemaligen Finanzminister Michael Cullen dazu veranlasste, von einer "schmerzlichen Lektion für Neuseeland" zu sprechen.

Ganz ohne Probleme verlief die Premiere für die Eurobahn nicht:
WA Online

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ein schlüssiger Artikel. Auf vielen Strecken in NRW sind jedoch schon teilweise seit Jahren Privatbahnen auf den Schienen unterwegs. Von einigen Städten hört man, dass man in Zukunft gerne ganz auf den Nahverkehr der DB verzichten möchte.