Vier Mal die Woche erscheint Stefan Raab mindestens auf dem großen Fernsehparkett. Am späten Abend, fast nachts, präsentiert er seine Sendung „TV Total“ auf ProSieben. Dazu steht er im Zentrum unzähliger Unterhaltungs- und Sportsendungen, die ebenfalls von ihm moderiert oder produziert werden.
Die Sendung „TV Total“ hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Zwar ist sie immer noch durch typische Elemente einer Late-Night-Show wie eigene Band, Monolog zu Beginn der Sendung und Talkgäste geprägt, allerdings sind viele interessante Rubriken, die die Show zu Beginn prägten mittlerweile verschwunden. Am 8. März 1999 startete „TV Total“ und wurde von dort an bis Februar 2001 einmal wöchentlich ausgestrahlt. Aufgrund des großen Erfolges beglückte der ehemalige „VIVA“-Moderator ab 2001 an seine Zuschauer sogar von Montags bis Freitags.
Ich selbst war als Jugendlicher ein großer Fan der Sendung. Der frische Wind, der Raab umwehte, begeisterte die Jugend. Jeden Abend saß man mit der Erwartung vor dem Fernseher gleich etwas ganz Besonderes zu sehen. Raab, wie er die Grenzen des akzeptablen Humors neu steckte, keine Angst vor großen Namen zeigte und sich für nichts zu schade war. Am nächsten Morgen war der Inhalt des Vorabends nicht selten das Gesprächsthema auf dem Schulhof.
Auf seinem Höhepunkt befand sich die Sendung in den Jahren 1999 und 2000. Zu Beginn des neuen Jahrtausends schauten durchschnittlich rund 3,21 Millionen Zuschauer „TV Total“. 1999 erhielt sie sogar den deutschen Fernsehpreis für die „beste Unterhaltungssendung“.
In diesen erfolgreichen Jahren prägten Sendungselemente die Show, die heute fast alle verschwunden sind.
Die Zuschauer konnten eine beliebige, meist eine verhasste oder als lächerlich angesehene Sendung, mit dem „Raab der Woche“ auszeichnen. So kamen immer wieder amüsierende Aufeinandertreffen von Raab und diversen Fernsehgestalten zustande.
In der Rubrik „Raab in Gefahr“ begab sich der Moderator selbst in brenzlige Situationen und bewies unter anderem beim Kunstflug, was er bereit war für Unterhaltung auf sich zu nehmen. Sein Besuch bei McDonalds im Rahmen der Rubrik ist aus heutiger Sicht fast paradox, da er später sogar für dieses Unternehmen Werbung machte.
Vor dem Raabigramm fürchtete sich die halbe Prominenz Deutschlands. Ohne Angst vor den Konsequenzen spielte Raab unter anderem den Klitschko-Brüdern oder Dieter Bohlen ein Lied auf seiner Ukulele vor. Dabei fing er meist schmeichelnd an, um dem schockiertem Promi dann mit einer verbalen Ohrfeige den Rest zu geben.
Solche Aktionen oder auch Einspieler, wie der Pulleralarm, der eingeführt wurde, als Ingo Dubinski bei einer Fernsehreportage in der Sauna versehentlich seinen Penis entblößte, sind Kult.
Doch im Rahmen der Umstrukturierung der Sendung vor einigen Jahren verschwanden nicht nur die besagten Inhalte, sondern auch die Zuschauer. Im Jahr 2008 schauten nur noch rund 0,87 Millionen Menschen im Schnitt die Sendung. Der Sendeplatz von Raab wurde dieses Jahr um ca. eine Stunde nach hinten geschoben und so wird er jetzt erst ab 23 Uhr auf Deutschland losgelassen.
Der Hofnarr findet, dass TV Total mittlerweile zu dem geworden ist, worüber es sich einst selbst lustig machte. Versammelte Raab vor neun Jahren noch das Fernsehkuriositätenkabinett um sich, gehört er heute selbst dazu. Die bissigen Witze, Einspieler und Aktionen sind weggefallen und wurden durch eine billige Fernsehkritik zu Beginn der Sendung, die eigentlich keine ist, ersetzt. Dort macht Raab billige Witze über diverse Programme, die aber meist so schlecht sind wie die Sendungen selbst. Das Lachen bleibt einem meist im Halse stecken. Die Spontaneität, die Raab früher auszeichnete ist verflogen. Seine Gags riechen stark nach schlechten Gagschreibern.
Im restlichen Verlauf der Sendung verfällt die Show in eine Werbeplattform für ProSieben, Promis, Popstars und sonstigem Kommerz. Gekonnte und pointierte verbale Attacken Raabs gegen seine Gäste sind eine Seltenheit. Der Moderator selbst wirbt jede Woche für eine neue Sendung aus seiner Feder: Turmspringen, Reiten, Autoball, Schlag den Raab, Stockcar Crash Challenge und vieles mehr. Diese Formate, vor allem „Schlag den Raab“ sind deutlich unterhaltsamer als die Mutter all dieser Shows: „TV Total“.
Zeitweise verwandelte sich „TV Total“ in ein Magazin für „Popstars“ und „Germany’s next Topmodel“, zwar als eine Art Persiflage gedacht, entpuppten sich die Beiträge aber als Präsentationsflächen der Sendungen und deren Kandidaten, die verzweifelt nach Aufmerksamkeit hechelten.
Zwar ist die Prominentendichte bei Stefan Raab auf dem Sofa mittlerweile ziemlich erstaunlich, doch das Problem ist, dass Raab mittlerweile selbst zu diesen Prominenten gehört, über die er sich früher amüsierte.
Donnerstag, 20. November 2008
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