Samstag, 10. Januar 2009

Krieg ist keine Lösung

Deutschland ist durch den Krieg im Nahen Osten gespalten. Während die Bundesregierung und die großen Medien sich klar auf die Seite von Israel stellen, verurteilt die Blogger-Szene Israel für ihre radikale Vorgehensweise und die hohen Opferzahlen in der Zivilbevölkerung. Hingesehen stellt die aktuelle Situation dar und sucht nach Lösungsansätzen: Wie kommt die Region aus der Zwickmühle gegenseitiger Schuldzuweisungen wieder heraus?

Nach Ansicht vieler Web-Nutzer ist die Raketenkrise, der offizielle Kriegsgrund, von den Israelis nur erfunden. Wahrer Auslöser sei ein Eingriff des israelischen Militärs in der Nacht vom 4. auf den 5. November 2008 gewesen, als sechs Hamas-Kämpfer getötet wurden und so der Konflikt neu entbrannt sei. Zuvor hatte verhältnismäßig lange Zeit Waffenruhe geherrscht. Im November begann die Hamas dann wieder Raketen abzufeuern.

Durch wen letztendlich der Konflikt neu entbrannte, ist kaum entscheidend. Der Gaza-Streifen mit der Hamas-Regierung war ein absolutes Pulverfass, das über kurz oder lang zwangsläufig explodiert wäre. Eine symbiotische Beziehung zwischen einem Staat und einer Organisation, die das Existenzrecht von diesem nicht anerkennt und offen zum Widerstand gegen die „Besatzer Palästinas“ aufruft, ist illusorisch.

Seit 2006 als die Hamas mehrheitlich gewählt wurde, brodelte es gewaltig im und um den Gaza-Streifen. Nahegelegene israelische Siedlungsgebiete standen immer wieder unter Raketenbeschuss. Die palästinensischen Bewohner innerhalb des rund 40 Kilometer langen und zwölf Kilometer breiten Gebietes leben in ärmlichen Verhältnissen, weil Israel die Grenzen und die Strom- und Wasserversorgung kontrolliert. Viele lebensnotwendige Güter erhalten sie nur über unterirdische Tunnel aus Ägypten. Rund die Hälfte der 1,5 Millionen Menschen muss mit weniger als zwei Dollar pro Tag auskommen.

Doch der Urkonflikt der Neuzeit liegt bereits 60 Jahre zurück. Im Grunde dreht sich seither alles um das Existenzrecht Israels auf der einen und die Forderung nach einem Staat Palästina auf der anderen Seite. Inzwischen gibt es in Israel zwar autonome Palästinenser-Gebiete im Gaza-Streifen und im Westjordanland, doch gibt es immer wieder Streit um die dort gelegenen Siedlungen der Israelis. Die ebenfalls immer wieder erhobenen religiösen Ansprüche aus vorbiblischer Zeit, die auf das Land um Jersualem erhoben werden, machen aus dem Nahen Osten eine vertrackte Krisenregion, die mit diesem Hintergrund beinahe ohne Vergleich ist. Durch die Errichtung des Staates Israel im Jahre 1948 wurde diese Auseinandersetzung wieder aufgerissen. Der Wille, den durch die Shoa verfolgten Juden eine neue Heimat zu stellen, ist zwar moralisch korrekt - die Gründung Israels inmitten arabischer Nachbarländer jedoch auch sehr kurzsichtig.

Der aus diesem lang andauernden Problem entstandene Krieg war daher leider abzusehen. Kein Land der Welt würde eine dauerhafte Bedrohung ihrer Bevölkerung, wie durch die Qassam-Raketen der Terrorgruppen um Gaza, hinnehmen. Diese Gefahr für die Israelis kann allerdings erst beendet werden, wenn die Hamas im Gaza-Streifen entmachtet wird. Doch dafür müsste der Terrororganisation die Unterstützung in der Bevölkerung entzogen werden. Israel und die UN müssten den Palästinensern Perspektiven auf mehr Autonomie anbieten. Das funktioniert zumindest mit Einschränkungen im Westjordanland, wo die gemäßigte Al Fatah an der Macht ist.

Ein gnadenloser Krieg gegen die Bewohner des Landstreifens im Süden führt aber nicht zu diesen Zielen. Durch ihre Angriffe trifft die israelische Armee nicht die Hamas, die sich gerne auch hinter wehrlosen Frauen und Kindern verschanzt, sondern die Zivilbevölkerung. Bis jetzt gab es nach 15 Tagen 784 Tote auf palästinensischer Seite und 14 Tote Israelis (Quelle: Spiegel). So wird der gegenseitige Hass immer größer und die Unterstützung für die Hamas stärker statt, wie unbedingt nötig, schwächer. Dieser Teufelskreis muss unterbrochen werden.

Dass die Hamas eine Terrororganisation ist, darf keinesfalls vergessen werden. Im Namen Allahs sind ihnen alle Mittel recht, um ihren eigenen Staat zu erhalten. Ein solcher „Gotteskrieger“ war auch der getötete Hamas-Führer Nisa Rajan. Zusammen mit großen Teilen seiner Familie starb er während eines Bombenangriffs auf sein Haus. Er war so sehr von religiösem Fanatismus geblendet, dass er sogar seinen eigenen Sohn zu einem Selbstmordattentat anstiftete: In der jüdischen Siedlung Nissanit in Gush Katif sprengte sich der Junge bereits vor sieben Jahren in die Luft. Im aktuellen Konflikt vertrat Rajan die Ansicht, dass die Hamas-Führung sich nicht verstecken dürfe, sondern für das eigene Volk sichtbar bleiben müsse. Er nahm es in Kauf, selbst seine nächsten Verwandten als „Schutzschilder“ zu missbrauchen.


Friedlicher Widerstand als Lösung

Dass es auch anders geht, zeigen seit einigen Jahren manche Bewohner des Gaza-Streifens. Muslimische und jüdische Eltern haben selbst die Initiative ergriffen und einen gemeinsamen Kindergarten für ihren Nachwuchs gegründet. Obwohl dem Projekt von außen kaum Chancen gegeben wurde, ist es zum Erfolg geworden. In einer Phoenix-Dokumentation äußerten sich die Kinder jedoch selbst wenig zuversichtlich über ihre Zukunft: "Irgendwann werden wir in die Armee müssen und dann werde ich Araber töten", meint ein jüdischer Junge. Die Reaktion eines Arabers: "Dann werde ich dir vorher den Schädel einschlagen."Diese Aussagen zeigen, wie fatalistisch selbst die Jugend den Konflikt erlebt. Gerade der jungen Generation muss die Hoffnung auf ein friedvolles Nebeneinander zurückgegeben werden.

Der Krieg im Nahen Osten muss schnellstmöglich beendet werden. Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte sich kürzlich in Hessen zum Konflikt: „Jetzt sind wir an einem Punkt, an dem Fortschritte greifbar sind. Wir können jetzt die Hoffnung haben, dass die Gewalt ein Ende findet.“ Die Krise müsse bald gelöst werden: „Wenn wir diese Chance vertun, ist das nicht nur eine Katastrophe für die Menschen in Gaza. Wir würden auch unsere arabischen Partner verlieren und zwar die, die für den Dialog und den Ausgleich sind.“

Je länger der Konflikt andauert, umso größer ist die Gefahr, dass die Kämpfe auch auf die angrenzenden Länder übergreift. Das religiöse Oberhaupt des Iran, Ali Khameini, und der Chef der Hisbollah-Miliz, Hassan Nasrallah, bezeichneten alle palästinensischen Opfer als Märtyrer. Auch extremistische Kräfte in Ägypten üben Druck auf den pro-israelischen Hosni Mubarak aus. Die gesamte Region würde von einem Kriegsende profiteren – sogar die ganze Welt. Für Amerikas Neu-Präsidenten Barack Obama, der am 20. Januar vereidigt wird, stellt sich damit nach den Problemen im Irak und der Finanzkrise ein weiterer Brennpunkt, der schnellstmöglich in Angriff genommen werden muss. Wie jeder US-Präsident wird sich allerdings wohl auch der Demokrat klar zu Israel bekennen.

Gelingt ein Waffenstillstand, muss auf friedlichem Wege eine Lösung für den uralten Konflikt gefunden werden. Sowohl Israelis wie auch Palästinenser haben das Recht auf einen eigenen Staat und müssen eine Möglichkeit finden miteinander zu leben.

Spiegelfechter berichtet ausführlich über die Darstellung des Kriegs in den (westlichen) Medien

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