Freitag, 26. September 2008

Durch die Parteien: Blau für Violett

Update: Laut der offiziellen Partei-Homepage erreichten "Die Violetten" bei den Landtagswahlen in Bayern, wo sie in Mittelfranken sowie Nieder- und Oberbayern zur Wahl standen, 0,1% der Stimmen (6.097 Erst- und 9.333 Zweitstimmen). Hinweis vom 29.9.08

Ein schöner Nebeneffekt des Mehr-Parteien-Systems in einer Demokratie sind die vielen kleinen, dafür aber umso skurrileren politischen Gruppen. Für diese ist die Fünf-Prozent-Hürde etwa mit einer absoluten Mehrheit der FDP auf Bundesebene zu vergleichen – praktisch unerreichbar. Auf dem Boden dieser Perspektivlosigkeit blühen dann fantastische Träume, befreit von dem Zwang irgendwelchen Realisierungsplänen zu unterliegen. „Die Violetten – Partei für spirituelle Politik“ bilden dabei keine Ausnahme.



An Identifikationsmerkmalen mangelt es der Randerscheinung nicht. Sogar ein Wappentier wurde gefunden: Ein Schmetterling, Zeichen der Metamorphose und des Wandels. Einfluss auf politische Veränderungen wird die Partei dennoch nicht haben. Trotzdem denkt wohl nur ein Schelm, dass mit dem Wandel etwa die eigene Position gemeint ist, die sich wie das Fähnchen im Winde stetig ändert! Die Entscheidung für die Farbe Violett beruht übrigens keineswegs auf Zufall, wie die Vorsitzende auf Landes- und Bundesebene betont. Und die heißt ausgerechnet – Blau, Gudula Blau! Ihre Begründung für die Wahl der Couleur vermag jedoch höchstens die Esoteriker unter den Wählern zu beeinflussen: „Violett ist die Farbe mit der höchsten Schwingung“, gibt Blau in einem TV-Interview mit dem Bayrischen Rundfunk kund, dem „TV Total“ unter der Woche zu größerer Aufmerksamkeit verhalf (siehe Video).

Grundeinkommen ein Leben lang

Mit wenig Schwung kommt dagegen der bemerkenswert ruhige Werbespot zu den Landtagswahlen daher. Aber mit Parolen wie „Liebe statt Macht“ tut sich die Partei selbst unrecht, denn ihre tatsächlichen Forderungen sind viel tiefgreifender. Zentraler Punkt dabei: Ein Grundeinkommen für jeden Bürger. Vom ersten bis zum letzten Atemzug soll die Bevölkerung nach dem Willen der Spirituellen ein Gehalt bekommen. Finanziert werden soll das durch den Wegfall von Strukturkosten im Bereich der Arbeitsvermittlung, das schließt die Gehälter der dann arbeitslosen Beamten und Angestellten ein. So konkret sagt Blau das im Interview übrigens nicht – eigentlich nennt sie nur die Einsparungen an den Mitarbeitern. Diese adaptierte Idee mag als Theorie vielleicht vollwertig und interessant sein. Doch dass gerade die schrulligen Violetten sie gekonnt umsetzen könnten, ist unvorstellbar.

Spreeblick sieht das im TV vorgestellte Projekt von einer anderen Warte aus und kritisiert den nicht gerade als Politik-Experten bekannten Raab. Dort wird (in relativierender Weise) auch das Problem aufgegriffen, dass durch ein Grundeinkommen unangenehme Arbeiten höchstwahrscheinlich unbesetzt bleiben würden. Die Vorsitzende Blau will das in unübertrefflicher Gutgläubigkeit an die Menschen aus der Welt schaffen: „Der Wille zum Dienen ist ein ganz wichtiger Aspekt, den jeder Politiker in sich tragen muss“.

Dabei bekennt sich die 2001 gegründete Partei im Übrigen zu keiner Religion, sondern nur zum „Göttlichen“ an sich. Weitere Ziele von Blau und Co. sind eine direktere Demokratie durch mehr Volksentscheide sowie größeres Engagement in der Umweltpolitik. Bei den Violetten nennt sich das „verantwortungsvoller Umgang mit der Erde“. Der Hofnarr meint: Das klingt doch auch fast so schön wie das simple „für eine bessere Welt“… Halten wir es zum Schluss also wie Stefan Raab in der Abmoderation: Mal schauen, wie viele Prozentpunkte die Violetten am Sonntag bei der Bayernwahl erhalten werden…

„Stehen nicht in ganz Bayern zur Wahl“: Mainpost

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