Dienstag, 30. September 2008

Mögliche Koalitionen in Bayern

Am Sonntag wählten die Bayern einen neuen Landtag. Die CSU verlor ihre absolute Mehrheit und nun muss zum ersten Mal seit 40 Jahren eine Koalition in Bayern gefunden werden. Hofnarr hat die möglichen Koalitionen auf ihre Wahrscheinlichkeit überprüft.


CSU und FPD
Pro: Guido Westerwelle signalisierte bereits, dass die Bundespartei diese Koalition voll unterstützen würde. Auch die CSU zeigte, dass sie primär Gespräche mit der FDP und den Freien Wählern aufnehmen will. Die potentiellen Ministerposten für die FDP werden auch bereits munter verteilt. Neben FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil, der sein Interesse für das Wirtschafts- oder Finanzressort angemeldet hat, gilt vor allem der Passauer Bundestagsabgeordnete Max Stadler, ein Innen- und Rechtsexperte, als Kandidat für einen Kabinettsposten. Die Bundes-FDP freut sich momentan vor allem über ihren gestiegenen Einfluss im Bundesrat, zuvor hatten sie aus Bayern dort keinerlei Abgeordnete.

Contra: Das sehr stark eingerostete Verwaltungs- und Regierungssystem der CSU ist nach 40 Jahren schwer zu durchdringen für neue Politiker anderer Parteien. Liberale Ansätze könnten vor allem auf der kleinen Verwaltungsebene auf Protest stoßen. Zudem verlangt die FDP-Fraktion einen „Kassensturz“ in den Bayerischen Finanzen. Dies könnte für die CSU unangenehm werden. Wer weiß, welche Leichen sie seit 40 Jahren verstecken.

Knackpunkt: Der größte Streitpunkt in den Koalitionsverhandlungen dürfte die Innenpolitik werden. Die FDP fordert eine Rücknahme von Online-Durchsuchungen und ein bürgerfreundlicheres Versammlungsrecht. Die CSU dagegen pocht auf die Notwendigkeit dieser „Sicherheits“-Maßnahmen. Außerdem wollen die Liberalen die "mittelstandsfeindliche Erbschaftsteuer nicht Realität werden" lassen.
Hingesehen meint: zu 70 % wahrscheinlich

CSU und Freie Wähler
Pro: Der Kern der Freien Wähler stammt ursprünglich aus dem Umfeld der CSU. Ideologisch liegen sie noch immer nah beieinander. Lediglich bei gewissen lokalen Projekten ging die Meinung auseinander. Mit über zehn Prozent der Stimmen könnten die freien Wähler durchaus einen gewissen Einfluss in der Landspolitik geltend machen. Landesvorsitzender Hubert Aiwanger signalisierte bereits den Wunsch nach Verhandlungen mit der CSU. Auch die christliche Union könnte von einem Bündnis profitieren. 40 % der Bürgermeister in Bayern stellen nämlich die freien Wähler und vielleicht kann die CSU in einer Koalition auf diese wieder mehr Einfluss nehmen.

Contra: Im Wahlkampf griff die Überraschungspartei massiv die Regierungspartei an und ließ kein gutes Haar an Beckstein und Huber. Wegen des hitzigen Wahlkampfs könnten diese Verbalattacken jetzt das Bündnis behindern. Bisher engagierten sich die Freien Wähler nur in der Lokalpolitik. Landespolitisch sind sie absolut unerfahren. Ihre bisherige lokale Ausrichtung müssten sie überarbeiten.

Knackpunkt: Gabriele Pauli, die einen hohen Einfluss bei den freien Wählern besitzt. Die Stoiber-Putscherin ist der CSU ein Dorn im Auge. Sie würde in einer Koalition sicher einen guten Posten für sich in Anspruch nehmen. Ob Seehofer/Beckstein sich mit dem Gedanken, mit dieser Frau zusammen zu arbeiten, anfreunden können, ist fraglich.
Hingesehen meint: zu 40 % wahrscheinlich

CSU und SPD:
Pro: Franz Maget erklärte eine große Koalition in Bayern für möglich. Beide Parteien hätten zusammen eine große Mehrheit.

Contra: Beckstein will zuerst mit FDP und FW reden. Die große Koalition ist nur zweite Wahl. In einer solchen Konstellation müsste die CSU aufgrund der Mehrstimmen der SPD im Vergleich mit FDP und FW mehr Ministerposten abtreten. Die Programme der beiden Parteien liegen außerdem sehr weit auseinander.

Knackpunkt: Inhaltlich die Reform der Erbschaftssteuer. Ideologisch zudem in Bayern kaum vorstellbar.
Hingesehen meint: zu 5 % wahrscheinlich


SPD, Grüne, FW und FPD

Pro: Alle vier bisherigen Oppositionsparteien würden jetzt die CSU in eine Oppositionspartei verwandeln. Alle Parteien könnten einen größeren Einfluss geltend machen, als in einem Bündnis mit der CSU. Der unliebsame Günther Beckstein würde nicht Ministerpräsident und Franz Maget würde dessen Nachfolger. Das schmeckte einigen Politikern dieser Parteien sicherlich besser.

Contra: FW und FDP liegen inhaltlich näher an der CSU als an Grünen und SPD. Außerdem beginnt traditionell die stärkste Fraktion mit Koalitionsgesprächen und das ist nicht die SPD. Nur wenn Verhandlungen der Union scheitern könnten FDP und FW auf Verhandlungen eingehen. Vier Parteien in einer Koalition würden sicherlich nicht leicht zu einstimmigen Entscheidungen kommen und mit einer so großen geschlossen Opposition gegen sich dürfte das Regieren zur Qual werden. Koaltionsabschlüsse mit einer Partei sind schwierig – mit dreien fast unmöglich.

Knackpunkt: CSU ist stärkste Fraktion, dazu kommen inhaltliche Differenzen der Parteien.
Hingesehen meint: zu 1 % wahrscheinlich

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