Mittwoch, 23. Juli 2008

And the US-Presidency goes to... (Teil 1)

Würden die Deutschen einen neuen US-Präsidenten wählen müssen, könnte Barack Obama sich entspannt zurücklehnen, denn er würde von rund 76 % der Bevölkerung gewählt (Quelle: TNS Forschung; repräsentative Umfrage mit 1.000 Befragten). Doch die Wahlen werden nicht in Deutschland oder Europa entschieden, sondern in den Vereinigten Staaten von Amerika. Und dort sind die beiden Präsidentschaftsbewerber fast gleichauf. John McCain und Barack Obama liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen.


Während der Demokrat in Europa manchmal wie ein Heilsbringer oder Prophet dargestellt wird, ist er in den USA schon entzaubert. Ist es auch hier nur noch eine Frage der Zeit bis den afroamerikanischen Senator die Realität einholt?

Im Zuge seines Deutschland-Besuchs schien es fast schon als wäre Obama bereits Präsident. Er sollte am Brandenburger Tor eine Rede halten, hatte unter anderem Berlins OB Klaus Wowereit verlangt. Die Bilder vom redenden US-Präsidentschaftsbewerber hätte sofort alte Erinnerungen an Reden von John F. Kennedy, Bill Clinton und Ronald Regan hervorgerufen. Eine objektive Position zum amerikanischen Wahlkampf sieht anders aus. Angela Merkel verhinderte jedoch einen allzu medienwirksamen Auftritt Obamas und nun darf er „nur“ vor der Siegessäule sprechen.

Den Demokraten umhüllt der Wind des Wechsels. Viele Deutsche erwarten von ihm, dass er die Welt wieder ins Gleichgewicht bringt, der Politik wieder die Ehrlichkeit einhaucht, die viele mittlerweile vermissen. Überhaupt werden riesige Ansprüche an den Senator aus Illinois gestellt. Mit ihm will Deutschland endlich wieder das Verhältnis zu den USA normalisieren, nachdem es sich in Vorfeld des Irak-Krieges so dramatisch verschlechtert hatte.

Sein Kontrahent John McCain repräsentiert für viele das Böse. Ein direkter Thronfolger von George W. Bush, den in Deutschland schon lange niemand mehr an der Spitze der USA sehen will. Mit ihm werden der Irak-Krieg und der Krieg in Afghanistan verbunden. Ein Amerika, das sich als Sheriff der Welt sieht und auf nichts und niemanden hören will. Ein Land, das mit dem größten Militär der Welt mehr Macht als jedes andere besitzt. Doch ist McCain wirklich ein zweiter Bush? Er hat durchaus andere Position in den Punkten Klimaschutz, der Behandlung von Terrorverdächtigen und der Durchführung des Krieges im Irak als der jetzige Präsident. Mit Obama wird alles anders, glauben viele. Doch kann er wirklich Amerika so verändern? Will er es überhaupt so sehr verändern?

Meiner Meinung nach liegen der Republikaner und der Demokrat viel näher beieinander, als manch einer es wahr haben will. Im Vorwahlkampf war Obama noch der große Veränderer, der sich sowohl von Hillary Clinton als auch McCain abgrenzte - mit jungen frischen Parolen. Jetzt im Hauptwahlkampf rückt er immer weiter in die Mitte – weg von seiner linken Ausgangsposition. Er bricht seine Versprechen wie jeder anderer Politiker. Wollte er im Vorwahlkampf noch Waffenbesitz stark einschränken, pocht er jetzt auf das alte amerikanische Recht eine Waffe zu besitzen. Wahlkämpfe sollten öffentlich finanziert werden, forderte er noch vor einigen Monaten. Jetzt auf einmal will er davon nichts mehr wissen, denn Geld - auch das der Lobbyisten - stinkt bekanntlich nicht.

Obama kann und wird nicht das grundsätzliche Bild von Amerika verändern. Die USA werden die größte Militärmacht bleiben und auch weiterhin ihre Führungsposition behaupten wollen. Obama ist kein linker Kriegsgegner. Er will lediglich einen „verantwortlichen Rückzug“ aus dem Irak durchführen. Dieser könnte durchaus auch fünf oder zehn Jahre dauern. Die Truppen in Afghanistan will er sogar verstärken und das gesamte Militär noch einmal um 90.000 Soldaten aufstocken. McCain spricht zwar von keinem Rückzug aus dem Irak und will das Militär um ein paar Soldaten mehr aufstocken, wirklich weit auseinander sind die Positionen der beiden in diesen Punkten allerdings nicht. Vor allen nicht so weit, wie es manche Menschen glauben.

Außenpolitisch gilt McCain als viel erfahrener als der "Jungspund" Obama. Doch egal ob mit dem Demokraten oder auch mit dem Republikaner, auf jeden Fall kommt auf Deutschland eine Forderung nach größerer Verantwortung in Afghanistan zu. So oder so muss Deutschland in Zukunft international – auch militärisch – eine größere Rolle einnehmen.

Momentan zerbröckelt der Heiligenschein von Barack Obama - besonders in Amerika. Wie auch John Kerry vor vier Jahren rückt er weiter in die Mitte, um sich wichtige Stimmen zu sichern. Kerry kostete dieses Vorgehen den fast sicheren Wahlsieg, denn junge Linke - zuvor sichere Wähler - vergraulte er. Dieses könnte auch Obama drohen, wenn er die Verwandlung vom jungen "Veränderer" zum stereotypischen amerikanischen Politiker nicht stoppt.

Es ist zu einfach John McCain als „den Bösen“ abzustempeln, während man Obama als neuen Heilsbringer zujubelt.

Dies war meine Position. Demnächst folgt die Position von meinem Blog-Kollegen.
(-->Teil 2)

Kommentar der FAZ

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Guten Abend!

Ich habe in letzter Zeit den amerikanischen Wahlkampf nicht groß verfolgt, aber ich finde diesen Beitrag sehr gelungen, weil er meiner Meinung nach vesucht eine so objektive Sichtweise wie möglich auf das Ganze zu geben. Ich glaube ehrlich gesagt nicht besonders viel von dem, was da versprochen wird. Ich finde es fast unmöglich innerhalb der nächsten vier Jahre die Welt so umzukrempeln, dass alles wieder in bester Ordnung sein soll. Es sind einfach utopische Vorstellungen. Es ist wünschenswert, dass sich einige Dinge zum Besseren wenden, aber ich erwarte nicht besonders viel.

Liebe Grüße aus Aachen

Unknown hat gesagt…

Gelungener Artikel!

Ich denke, im US-Wahlkampf ist es sehr häufig, wenn nicht immer, so, dass die Ausgangspositionen der Kandidaten recht weit entfernt sind, und sie sich immer weiter angleichen.
Nichtsdestotrotz hat Obama noch einen (allerdings stetig abnehmenden) Charismabonus... ob der ihm am Wahltermin noch viel hilft bezweifle ich.
Die Wahl wird jedenfalls nicht weniger knapp werden als die letzten beiden.