Donnerstag, 17. Juli 2008

Bayern: Wer braucht schon Demonstrationen?

Gehören Demos wie diese in Bayern der Vergangenheit an? (flickr.com)

Die CSU attackiert eines der wichtigsten demokratischen Grundrechte: das Versammlungsrecht.

Der bayerische Landtag hat mit der Stimmenmehrheit der CDU das heftig umstrittene neue Versammlungsgesetz verabschiedet. Seit der Nacht zum Donnerstag dürfen Demonstrationen quasi nur noch dann durchgeführt werden, wenn sie niemanden stören. Der Artikel 113 der Bayerischen Verfassung besagte bisher: "Alle Bewohner Bayerns haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder besondere Erlaubnis friedlich und unbewaffnet zu versammeln." Mit diesem Luxus ist es in Bayern jetzt vorbei. Ab sofort müssen Versammlungen 72 Stunden vorher angemeldet werden und detailliert erläutert werden. Die Polizei hat das Recht diese zu filmen und die Aufnahmen zu speichern. Im schlimmsten Fall darf der Staat die Demonstration sogar verbieten, wenn „die Rechte Dritter unzumutbar beeinträchtigt werden könnten". Dieser Gesetzestext lässt reichlich Spielraum für Interpretationen. (Lärmbelästigung?)

„Wir sind so frei“

Die CSU rechtfertigt die Änderung mit der Absicht Versammlungen verfassungsfeindlicher Gruppierungen wie der NPD verbieten zu wollen. Doch alle Beobachter stellen sich die Frage, ob dieses Gesetz wirklich nur gegen rechtsextremistische Gruppen oder nicht gegen alle Bürger gerichtet ist. Die Fraktion der Grünen brachte ihren Unmut durch ein T-Shirt mit der Aufschrift „Wir sind so frei“ zum Ausdruck. Die Gegenstimmen von den Grünen und Teilen der SPD reichten jedoch nicht, um das Gesetz zu kippen.

Die Begründung der christlichen Union nur die Nazis treffen zu wollen ist reine Utopie. Diese Gruppierung hätte man viel eher durch ein weiteres Bemühen um ein Parteiverbot treffen müssen. Dieses Gesetz greift in ihrem Wortlaut auch alle demokratischen Bewegung, die ihre Meinung öffentlich kund tuen wollen, an. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach die besondere Hochwertigkeit der Freiheit zur Versammlung verkörpert durch Demonstrationen (Brokdorf-Beschluss, Fuckparade u.a.) betont. Dieses bürgerliche Grundrecht anzugreifen ist eine Anmaßung der CSU, die eine Grenze überschritten hat. Die SPD-Landtagsfraktion erwägt eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht und auch andere Organisationen kündigten Widerstand an.

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