Samstag, 19. Juli 2008

Musik: Hätte Bob Marley heute noch Erfolg?

Der deutsch-französische Spartensender arte zeigte Freitag Nacht den Live-Mitschnitt eines Konzerts von Bob Marley (Foto von flickr.com). Aufgenommen wurde es 1977 im Londoner Rainbow, das sechs Jahre zuvor durch The Who eingeweiht worden war. Als Reggae-Fan sah ich mir die Sendung an und stellte mir dabei die Frage aus dem Titel dieses Posts. Auch andere Blogger nahmen die Marley-Show wahr.

Betrachten wir den Auftritt also mal mit den Augen eines völlig Unbelasteten, der von Marley noch nichts gehört hat. Wir würden seine Hits nicht kennen und erst recht nicht seine Stellung als Inbegriff des Roots Reggae. Dann wäre der zu dem Zeitpunkt 32-Jährige nur noch ein bekiffter Mann mit wilder Rasta-Frisur, der auf der Bühne steht. Seine unorthodoxen Tanzschritte müssten auf junge Groupies, die fast nur noch komplett einstudierte Choreographien kennen, lächerlich wirken. Marley spielt nicht sonderlich gut Gitarre, greift nur dann zum Instrument, wenn er ein paar Akkorde zur Untermalung beisteuern will. Die Stimme ist ungleichmäßig, jeder Gesangskritiker à la Dieter Bohlen hätte seine Freude daran, ihn auseinander zu nehmen.

Warum aber hat Marley dann trotzdem diesen Kultstatus inne? Ich denke, es ist neben seinen eingängigen Rhythmen (bei "Stir it up" oder "Could you be loved" wippen selbst Reggae-Muffel im Takt mit) vor allem die Botschaft, die seine Texte vermitteln sollen. Diese drehen sich vor allem um ein friedvolles Miteinander, zumindest würde ich den Schwerpunkt so setzen. Andere mögen da vielleicht eher auf den Rastafari-Kult verweisen oder den Aufruf zu mehr Liebe - oder auch gar nichts darin sehen, denn Geschmäcker unterscheiden sich. Für diejenigen, die diese Message anspricht aber, entspricht sie einem erstrebenswerten Ideal und auch den Freiheitsgedanken der 70er-Jahre. Dazu trägt Marley die Songs - unterstützt von einer starken Band und Background-Sängern - voller Leidenschaft vor. Auch wenn es ein anderes Genre ist, dachte ich dabei unweigerlich an den Begriff "Soul": Mit Leib und eben Seele die Musik erleben, das machte die Musiker dieser Epoche aus. Zumindest wird sie heutzutage oft so romantisiert.

Sein Tod aufgrund einer Krebserkrankung am Zeh trug zu der Legendenbildung natürlich ebenso bei, wenn auch nicht in dem Maße wie es etwa bei Kurt Cobain (Nirvana) der Fall war. Denn schon zuvor war er gerade in der armen schwarzen Bevölkerung eine Identifikationsfigur. Und das nicht nur in Jamaika, man spricht von ihm auch als den ersten "worldwide superstar". Seine Krankheit war Marley längere Zeit bewusst, jedoch entschied er sich aufgrund seiner Religion gegen eine Therapie. Mit 36 Jahren starb der vielfache Vater (Gerüchten zufolge soll er bis zu 46 Kinder gezeugt haben) in Miami, knapp vier Jahre nach der Aufzeichnung des Konzerts in London.

Für mich persönlich kam ich am Ende zu dem Schluss, dass Marley es in unserer etwas kantenlosen Welt schwer hätte sich durchzusetzen. Sein Status unter den Fans und die Wirkung seiner Songs auch heute noch belegt aber, dass seine Popularität auch weiterhin Bestand hat.

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